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Wann ist Weinlese?

Wann ist Weinlese?

Obgleich der Winzer seine Weinstöcke das ganze Jahr über pflegt, zeigt sich erst zur Weinlese der eigentliche Erfolg seiner Arbeit. Denn nun ist es Zeit, die besten Trauben auszuwählen oder eben zu lesen. Während die Weinlese auf der Nordhalbkugel traditionell im Herbst stattfindet, entscheiden diverse Faktoren, wann die einzelnen Beeren geerntet werden.

Von Sorten und Reifegraden

Grundsätzlich wird im Weinbau zwischen früh-, mittel- und spätreifen Sorten unterschieden. Frühreife Chardonnay-Trauben beispielsweise, Trauben für Sektgrundweine und Federweißen können nicht selten bereits im August gelesen werden. Dahingegen beginnt die Haupterntezeit meist erst im September. Nun werden unter anderem Riesling, Weißburgunder oder Merlot geerntet.

Spätreife Sorten wie Cabernet Sauvignon bleiben je nach Erntejahr unterdessen bis weit in den November hinein am Rebstock. Und auch Spätlese-Weine dürfen länger Sonne tanken, um ein höheres Mostgewicht und einen gesteigerten Zuckergehalt zu erreichen. Schließlich werden Eisweine erst nach den ersten Frösten zum Jahreswechsel gelesen.

Dennoch entscheidet nicht nur die Sorte über den Erntezeitpunkt. Auch Klima und Witterung haben einen entscheidenden Einfluss auf die Lese. Daher ist es die Aufgabe des Winzers, Wetter und Trauben im Blick zu behalten und den richtigen Zeitpunkt für die Ernte zu bestimmen.

Denn geerntet wird erst, wenn die Trauben den idealen Säure- und Zuckergehalt erreicht haben. Dabei gilt die Daumenregel: je reifer die Trauben, umso höher das Mostgewicht und der Zuckeranteil in den Beeren. Und je höher das Mostgewicht, umso besser die Qualitätsstufe des Weins.

Doch wie erkennt der Winzer den Reifegrad im Weinberg?

Die Trauben im Blick

Mithilfe eines Refraktometers können sowohl das Mostgewicht als auch der Zuckergehalt der Trauben bestimmt werden. Dabei wird die Zuckerkonzentration der Weintrauben durch Lichtbrechung gemessen: Eine stärkere Lichtbrechung bedeutet eine konzentriertere Zuckerlösung. Ist der gewünschte Wert erreicht, kann die eigentliche Lese beginnen.

Neben modernen Technologien erkennt ein erfahrener Winzer allerdings auch mit bloßem Auge, wann der richtige Moment zum Handeln gekommen ist. Immerhin geben Schale, Kerne und Saft der Trauben Aufschluss über den Reifegrad.

  • Sind die Traubenstiele bereits holzig und die Weintrauben komplett gefärbt?
  • Sind die Kerne nicht mehr grün, sondern braun und trennen sich leicht vom Fruchtfleisch?
  • Und schmecken die Beeren süßlich?

Indem der Winzer seine Trauben mit allen Sinnen liest, lässt sich mit etwas Erfahrung schnell erkennen, ob die Weinlese beginnen kann.

Eine Frage des Timings

Obwohl die Rebenart einen ersten Hinweis auf den möglichen Erntezeitpunkt gibt, ist auch im Weinberg der fortschreitende Klimawandel spürbar. So sorgen steigende Temperaturen für deutlich kürzere Vegetationsperioden und frühere Ernten. Wurde in den 1950er Jahren zum Beispiel erst im Oktober geerntet, sind die ersten Trauben je nach Region heute bereits Ende August reif.

Parallel dazu ist die Weinlese durch extreme Wetterbedingungen wie Spätfrost, Hitze, Trockenheit und anhaltende Regenperioden gefährdet. Somit steht der Winzer bis zum erfolgreichen Abschluss der Traubenernte vor der ständigen Herausforderung, seine Stöcke zu schützen.

Ob mit Heizkerzen, moderner Frostschutz-Beregnung, Tröpfchenberegnung oder pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (PiWis) – bis zur Ernte gilt es möglichst optimale Bedingungen für die empfindlichen Trauben zu gewährleisten. Darüber hinaus hängt der Erfolg des Winzerjahres jedoch vom Gespür und der Intuition jedes einzelnen Weinbauers ab.

So kann die Traubenqualität in sonnenreichen Jahren durch eine verzögerte Ernte und höhere Oechslegrade des Mostgewichts deutlich verbessert werden. Wird hingegen zu lange gewartet, ist das Ergebnis nicht selten ein schwerer, alkoholischer Wein.

Zudem ist bei zunehmendem Niederschlag, drohendem Frost oder Hagel schnelles Handeln gefragt, damit die Trauben nicht leiden. Doch Achtung: Beginnt die Weinlese zu früh, haben Trauben und Wein häufig einen sauren Beigeschmack.

Gute und schlechte Jahre

Neben dem Terroir, also der Kombination aus Boden, Wasserqualität, Typografie und Klima, spielt vor allen Dingen das Wetter eine entscheidende Rolle bei der Weinherstellung. Besonders in Weinanbaugebieten mit regelmäßigen Wetterschwankungen wird daher zwischen guten und schlechten Jahrgängen unterschieden. Waren die Bedingungen während des Winzerjahres besonders stabil, kann der Winzer entsprechend mit einem positiven Ergebnis rechnen. Jahre mit extremem Wetter, Hagel, Hitze oder Starkregen führen hingegen meist zu Qualitätseinbußen beim Wein.

Weinernte: Ran an die Traube

Je nach Lage und Neigung des Weinbergs wird zumindest in Deutschland ein Großteil der Trauben maschinell geerntet. Riesige Erntemaschinen rütteln dazu an den Rebstöcken und transportieren die herabfallenden Trauben über ein Förderband in einen speziellen Auffangbehälter. Während die maschinelle Traubenernte vergleichsweise kostengünstig ist, stellt vor allen Dingen die Schnelligkeit des Ernteprozesses einen immensen Vorteil dar. Denn mit der Maschine kann umgehend auf eventuelle Wetterumschwünge reagiert werden.

Dahingegen ist die manuelle Lese genauer. Gute und schlechte Trauben können bereits am Stock voneinander getrennt werden und weder Äste noch Laub landen im Lesegut.

Die deutsche Ernte auf einen Blick

Allein 2022 wurden laut dem Statistischen Bundesamt knapp neun Millionen Hektoliter Wein in Deutschland gelesen. Dabei wird traditionell deutlich mehr Weißwein (66 %) als Rotwein (34 %) produziert. Trotzdem begeistern die deutschen Winzer mit einer enormen Vielfalt. Denn zwischen Elbe und Bodensee werden knapp 150 verschiedenen Sorten angebaut, die nach der Lese unter anderem in Proseccos, liebliche Weißweine, Roséwein oder vollmundige Rotweine verwandelt werden.

Neben beliebten Weißweinsorten wie Riesling, Rivaner, Grauburgunder und Weißburgunder greifen die Deutschen ebenfalls gerne auf Rotweine wie Spätburgunder, Dornfelder oder Regent zurück. Darüber hinaus erfreuen sich jedoch auch alkoholfreie Weine sowie vegane Optionen wachsender Beliebtheit.

Fazit

Hinter jeder Flasche Wein stehen ein detaillierter Prozess und ein Winzer, der die Geschichte seines Weinbergs erzählt. Und so wird die Weinlese zur Quintessenz der Weinproduktion. Nehmen Sie sich daher Zeit für Ihren Wein. Versuchen Sie mehr über das jeweilige Terroir oder das vorherrschende Wetter eines Jahrgangs zu erfahren. Bringen Sie in Erfahrung, wie alt der Rebstock ist, von dem die Trauben stammen und wie geerntet wurde. Kurz: sammeln Sie Hinweise, damit auch Sie die Trauben in der Flasche daheim lesen können.